Reduce to the max

 

An die Beschichtungslösung für seine filigranen, in großer Vielfalt vorhandenen Uhren-Kleinteile stellt Deutschlands renommiertester Hersteller von Uhren und Uhrwerken hohe Ansprüche. Am besten eine Anlage, die funktioniert wie ein Uhrwerk. Auf kleinstem Raum präzise Leistung erbringen bei gleichzeitig hoher Flexibilität und einfacher Bedienbarkeit. Auf der Suche nach einem schlüssigen Anlagenkonzept trafen mit Hermle und Venjakob zwei Traditionsunternehmen aufeinander.

Die Zeit scheint hier niemals still zu stehen. Am Produktionsstandort und der Firmenzentrale in Reichenbach am Heuberg in Baden-Württemberg produziert das mittelständische Familienunternehmen Hermle Uhren und Uhrwerke mit einer 100-jährigen Tradition. Hermle zählt zu den modernsten Uhrenproduktionsstätten der Welt und gehört zu den letzten verbliebenen Uhrenmanufakturen. Bei der Produktion mechanischer Großuhrenwerke ist Hermle der einzige Vollsortiment-Anbieter auf der Welt.

 

Kompakte Anlage nach Maß gewünscht

Für das in 2021 neu gebaute Werk in Reichenbach suchte der Uhrenhersteller eine neue Lösung für die Beschichtung mechanischer Uhrenteile. Diese Anlage sollte die vorher im Einsatz gewesenen und bereits in die Jahre gekommenen Maschinen ersetzen. Dazu gehörten ein Handspritzstand für Sonderteile, eine automatische Beschichtungsanlage mit Hängefördersystem für die Lackierung von Uhrengestellen sowie eine Spindelkettenförder-Anlage für die Beschichtung von rotationssymetrischen Uhrenteilen. „Am besten vereint die neue Anlage all‘ das, wofür wir vorher verschiedene Lösungen brauchten“, lautete der Kundenwunsch.  Wie so eine 3-in-1-Lösung aussehen konnte, davon hatte Heiko Dreher, Einkaufsleiter von Hermle, nur vage Vorstellungen. Nach eingehenden Gesprächen legte Kornelius Berg, zuständiger Vertriebsmitarbeiter von Venjakob, drei Angebotsvarianten vor mit verschiedenen Möglichkeiten zur Funktionalität der neuen Anlage. „Wir wurden uns schnell einig“, sagt Berg.  Die Unterschiede lagen hauptsächlich in der Art der Fördertechnik. Heiko Dreher zeigte sich angetan von den Ideen und der präzisen Ausarbeitung der Konzepte. Hermle entschied sich schließlich für das Konzept einer kleinen kompakten vollautomatische Beschichtungsanlage mit ABB-Lackierroboter und einem Bodenförderer mit Drehantrieb. Das Fördersystem dient zur Aufnahme der, mit den Uhrenteilen bestückten, Traggestelle und zum taktgesteuerten Transport durch die einzelnen Bearbeitungsstationen. 

 

 

Hinstellen, montieren und loslegen

Ein weiteres Kriterium war der zur Verfügung stehende Platz. Die Anlage wurde in Funktion und Bauart auf die Raummaße des zukünftigen Anlagenstandortes abgestimmt. Für eine schnelle Inbetriebnahme, ebenfalls ein Kundenwunsch, wurde die Lackieranlage in wenigen Teilen angeliefert.  So, dass nur die Bühne für Zu- und Abluft sowie die Sprühkabine aufgesetzt werden brauchten. „Damit die Anlage möglichst großteilig in den dafür vorgesehenen Raum transportiert werden konnte, hat sich der Kunde sogar bereit erklärt, zwei Wände aus dem Raum zu nehmen“, berichtet Kornelius Berg von Venjakob. Eine kleine Anekdote, an die sich alle Beteiligten noch lange erinnern werden.

Das von Venjakob entwickelte Anlagenkonzept ermöglicht Hermle, eine maximale Vielfalt von Kleinteilen mit einer Anlage und einem Fördersystem zu beschichten.

Spezielles Masterprogramm für autonome Bedienbarkeit

Das von Venjakob entwickelte Anlagenkonzept ermöglicht Hermle, eine maximale Vielfalt von Kleinteilen mit einer Anlage und einem Fördersystem zu beschichten. Wobei der Werkstück-Tragwagen im Schienensystem fest installiert ist. Die Maschinenleistung  wurde  (mit einer Taktzeit von 5 Minuten pro Warenträger) auf den Bedarfsfall angepasst, mit ca. 20 Prozent Potenzial nach oben. Die gesamte Anlage ist auf Flexibilität und möglichst einfache Bedienbarkeit ausgelegt. Für die Steuerung des Lackierroboters schrieben die Venjakob-Softwareentwickler eine speziell Eingabeoberfläche, die es dem Kunden so einfach wie möglich macht, selbstständig neue Rezepturen zu erstellen. „Dabei wird das Rezept einfach kopiert und die verschiedenen Parameter wie z. B. Abmessungen des zu lackierenden Teils, die Lackiergeschwindigkeit oder der Winkel der Lackierpistole eingegeben“, erläutert Kornelius Berg das Prinzip.  Die einfache Bedienbarkeit und Anpassung an die Kundenanforderungen bezieht sich auf die gesamte Anlage. Über ein zentrales Bediensystem wird die Beschichtungsanlage inklusive  Fördersystem gesteuert. Auch für die  Einweisung des Maschinenbedieners  bedurfte es lediglich eines Grundkurses für Wartung und Instandhaltung des Lackierroboters beim Hersteller ABB.

 

Funktionsablauf und Verfahrensschritte

Die Beschichtungsanlage fördert gegen den Uhrzeigersinn, Beschickungs- und Entnahmestation sind an der gleichen Position. Die zu beschichtenden Uhrenteile werden per Hand auf die Warenträger-Gestelle gehängt. Diese werden formschlüssig auf einen Werkstück-Tragwagen des Bodenförderers gesteckt und können nach dem Lackierprozess wieder schnell abgenommen werden. Vor dem Start des Beschichtungsprozesses wird am Bedienpult der Anlage die gewünschte Rezeptur gewählt und an die Steuerung übermittelt. In der Anlagensteuerung sind zu jedem Rezept die entsprechenden Parameter zur Bearbeitung der Teile hinterlegt.

Gestartet wird die Anlage nach Wahl der gewünschten Rezeptur einfach über eine Start-Taste am Bedienpult. Über den Bodenförderer fährt der Warenträger in die Lackierkabine. Nachdem die erste Seite der Teile mittels Spritzpistole des Roboters beschichtet wurde, dreht der  Warenträger über die Drehvorrichtung des Bodenförderers selbstständig für die Beschichtung der anderen Seite.  Danach geht es zum Abdunsten. Auf der Abdunststrecke können sich zwei Warenträger gleichzeitig befinden. Nach der 10-minütigen Abdunstung werden die Warenträger dem Trockenkanal zugeführt. Getrocknet wird bei einer Temperatur von 80° bis 120° Grad Celsius. Der Durchlauftrockner ist von der Länge her so ausgelegt, dass hier sechs Warenträger gleichzeitig trocknen können. Die Warenträger fahren im 5-Minuten-Takt hinein und bleiben jeweils 30 Minuten zur Trocknung. Die nachfolgende Abkühlung dauert 10 Minuten findet außerhalb des Kanals unter Raumtemperatur statt. Danach können die Warenträger an der Entnahmestation aus den Stangen des Bodenförderers einfach entnommen werden.

 

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